Unser neues Heim

Ein Blog über unseren Hausbau

Die Ausrichtung des Hausdaches

Im vorherigen Beitrag haben wir euch unsere grundlegenden Anforderungen an das künftige Haus erläutert. Dort hatten wir auch erwähnt, dass wir ein Satteldach für die effiziente Nutzung einer PV-Anlage möchten. Für uns beide stellt sich nun die Frage: Wann ist eine PV-Anlage eigentlich effizient und welche Ausrichtung braucht ein Hausdach dafür? Darum soll es in diesem Beitrag gehen.

Ertrag einer PV-Anlage

Bei der Ausrichtung des Hausdaches haben wir auf unserem Grundstück die Möglichkeit entweder ein Satteldach in Ost-West oder Nord-Süd Richtung zu realisieren. Schaut man sich die bereits bestehenden Nachbarhäuser dort an stellt man fest, dass die meisten ein Nord-Süd Dach haben. Es gibt einige Kriterien, die diese Entscheidung beeinflussen.

Zunächst wäre hier der Solarertrag zu nennen. Für den Solarertrag spielt sowohl die horizontale Ausrichtung zur Sonne (der sogenannte Azimuth), als auch der Neigungswinkel des Dachs eine Rolle.

Exkurs: Azimuth

Der Azimuth kommt aus dem Fachgebiet der Astronomie und bezeichnet einen nach einer Himmelsrichtung orientierten Horizontalwinkel. Vereinfacht gesagt sind den Himmelsrichtungen folgende Winkel zugeordnet: Süden = 0°, Westen = 90°, Osten = -90°.

Zum Vergleich des Solarertrags zwischen einem Ost-West und einem Nord-Süd Dach kann man die Daten des PHOTOVOLTAIC GEOGRAPHICAL INFORMATION SYSTEM (kurz PVGIS) verwenden. Das PVGIS ist eine Seite der Europäischen Kommission, die für einen sehr großen Teil der Erde die solare Strahlung berechnet hat. Man kann dort eine Adresse und ein paar Eckdaten einer PV-Anlage eingeben. Zusammen mit dem Azimuth und dem Neigungswinkel des Dachs errechnet die Seite den voraussichtlichen Solarertrag, samt schöner Übersicht. Das sieht dann zum Beispiel wie folgt aus:

Beispiel mit einem Nord-Süd Dach

Als Beispiel nehmen wir eine 10kWp PV-Anlage mitten in Ulm an. Das ganze Rechnen wir einmal als Nord-Süd Dach mit allen Modulen auf der Südseite (also Azimuth = 0°) und einmal als Ost-West Dach mit der Hälfte der Module auf der Ost-Seite (Azimuth = -90°) und der anderen Hälfte auf der West-Seite (Azimuth = 90°). Beim Nord-Süd Dach kommt folgendes heraus:

Über die PDF-Schaltfläche lässt sich ein sehr schöner Bericht generieren. Das sieht dann so aus:

Beispiel mit einem Ost-West Dach

Ändert man nun lediglich den Azimuth (alles andere bleibt gleich!) ergeben sich für ein Ost-West Dach die folgenden beiden Datensätze:

Die Werte aus den Beispielen lassen sich in folgender Tabelle zusammenfassen und gegenüberstellen:

KenngrößeNord-Süd DachOst-West Dach
Installierte PV Leistung [kWp]105+5
Neigungswinkel [°]
zulässig sind 25 – 50°
2525
Azimut [°] 
0° = Süden, -90° = Osten, 90° = Westen
0-90, 90
Energieerzeugung pro Jahr [kWh]10.888,924.544,01 + 4.586,57 =
9.130,58
Relative Anlagenleistung [kWh/kWp]10.888,92 / 10 =
1.088,892
9.130,58 / 10 =
913,058
Relative Energieerzeugung [%]
im Vergleich zur Südausrichtung
9.130,58 / 10.888,92 * 100 =
83,85
Relative Energiedifferenz [%]
im Vergleich zur Südausrichtung
100 – 83,85 =
16,15
Vergleich einer Nord-Süd mit einer Ost-West PV-Anlage

Aus den Werten in der Tabelle geht hervor, dass eine PV-Anlage mit Ost-West Ausrichtung im Vergleich mit einer Anlage mit Nord-Süd Ausrichtung nur ca. 85 % leistet.

Beispiel mit einem ertragsidentischen Ost-West Dach

Möchte man beim Ost-West Dach den gleichen Ertrag, wie beim Nord-Süd Dach haben, muss man die Anlage entsprechend vergrößern. Auch das kann man relativ einfach über PVGIS rechnen, indem man im Feld „Installierte PV“ den Wert nach und nach erhöht. In unserem Beispiel genügt es auf insgesamt 12kWp zu gehen (also 6kWp pro Dachseite). Mit der vergrößerten Anlage ergibt sich:

KenngrößeNord-Süd DachOst-West Dach (vergrößert)
Installierte PV Leistung [kWp]106+6
Neigungswinkel [°]
zulässig sind 25 – 50°
2525
Azimut [°] 
0° = Süden, -90° = Osten, 90° = Westen
0-90, 90
Energieerzeugung pro Jahr [kWh]10.888,925.452,82 + 5.503,88 =
10.956,7
Relative Anlagenleistung [kWh/kWp]10.888,92 / 10 =
1.088,892
10.956,7 / 12 =
913,058
Relative Energieerzeugung [%]
im Vergleich zur Südausrichtung
10.956,7 / 10.888,92 * 100 =
100,62
Relative Energiedifferenz [%]
im Vergleich zur Südausrichtung
100,62 – 100 =
0,62
Gesamtpreis geschätzt [€]
(bei 1.700€/kWp)
1.700 * 10 =
17.000
1.700 * 12 =
20.400
Mehrpreis für eine PV-Anlage [€]
bei gleicher Energieerzeugung pro Jahr
20.400 – 17.000 =
3.400
Vergleich einer Nord-Süd mit einer vergrößerten Ost-West PV-Anlage

Die Dachneigung

Neben dem Azimut spielt auch der Neigungswinkel eures Dachs eines große Rolle für den Ertrag. In den obigen Beispielen sind wir immer von einer festen Dachneigung von 25° ausgegangen. Diesen Wert haben wir deshalb gewählt, weil wir zum jetzigen Zeitpunkt bereits wissen, dass wir ein eher flacheres Dach möchten. Laut Bebauungsplan dürfen wir uns bei einem Satteldach im Bereich von 25° bis 50° (!) bewegen.

Nun stellt sich die Frage: Welcher Dachneigungswinkel ist eigentlich optimal? Nun, das kommt ganz auf euren Standort an. Generell sollte das Sonnenlicht möglichst senkrecht auf die PV-Module auftreffen. Unter Berücksichtigung der Neigung der Erdachse und der unterschiedlichen Sonnenhöhe über das Jahr gesehen kann man in erster Näherung sagen, dass die optimale Dachneigung in Deutschland zwischen 30° und 40° liegt.

Die folgende Tabelle zeigt den Einfluss des Neigungswinkels und des Azimuts auf die Strahlungssumme für Münster.

Am Standort Münster kann man erkennen, dass das Optimum (100%) bei einem exakt nach Süden ausgerichteten Dach bei einem Neigungswinkel von 35° liegt. Verringert man nun wie in unserem Beispiel die Neigung auf 25° treffen „nur“ noch 99% (bei Süd-Ausrichtung) der Strahlung ein. Bei einem Ost-West Dach ergeben sich 84,1% (Ost) bzw. 82,7% (West). Diese beiden Werte kommen ziemlich nahe an unseren berechneten Wert aus PVGIS ran (siehe Zeile „Relative Energieerzeugung“ in der Tabelle oben. Da waren es 83,85%). Diese Verluste (oder Mehrkosten für eine entsprechend größere PV-Anlage) sollten euch bewusst sein, wenn man sich für eine bestimmte Dachneigung entscheidet.

Verteilung der Sonnenstrahlung über den Tag

Ein weiterer Faktor, der bei der Wahl Ost-West oder Nord-Süd zum tragen kommt ist die Verteilung der Sonnenstrahlung über einen Tag in Kombination mit eurem persönlichen Nutzungsprofil. Es muss euch bewusst sein, dass eine nach Süden ausgerichtete PV-Anlage zu Mittagszeit eine sehr hohe Leistung liefert (Peak), während es früh morgens oder spät Abends eher weniger ist. Bei einer Ost-West PV-Anlage ist dieser Mittagspeak weniger ausgeprägt, dafür liefert die Anlage morgens und Abends eine höhere Leistung. Folgendes Bild verdeutlicht das:

In diesem Bild seht ihr die maximale prozentuale Nennleistung einer installierten 10kWp PV-Anlage, einmal auf einem Süd-Dach und einmal auf einem Ost-West Dach (jeweils 5kWp pro Dachseite). Das ganze haben wir zweimal gerechnet, einmal für den Monat Januar und einmal für Juni. Man sieht beim Ost-West Dach vor allem im Sommermonat Juni einen wesentlich früher einsetzende bzw. eine weitaus länger anhaltende Leistung im Vergleich zum Süd-Dach.

Jetzt müsst ihr für euch entscheiden, ob euch dieses „Mehr“ an Leistung Morgens bzw. Abends etwas bringt, wenn ihr euch euren Alltag vor Augen haltet. Wann steht ihr typischerweise auf? Wann läuft eine Kaffeemaschine? Kocht ihr Abends? Wann läuft der Geschirrspüler? Das Stichwort lautet hier: Eigennutzung.

Für unser Nutzungsverhalten passt eine Ost-West Anlage besser. Was man noch dazu sagen muss: Wir planen aktuell ohne einen Batteriespeicher. Lieber möchten wir erstmal mehr PV-Module installieren und später einen Speicher nachrüsten. Solltet ihr mit dem Gedanken eines Batteriespeichers spielen, kann das obige Bild für euch anders aussehen. Ihr könntet mit Speicher bspw. die hohe Leistung zur Mittagszeit speichern und Abends nutzen. Was den Speicher angeht, darüber reden wir am besten mal in einem separaten Beitrag.

Zwischenfazit

Wie ihr anhand der durchgerechneten Beispiele sehen könnt ist es also möglich für ca. 3.400€ eine ertragsidentische PV-Anlage auf einem Ost-West Dach zu realisieren. Die Nord-Süd Anlage ist rein vom Ertrag die bessere Lösung. Beachten solltet ihr allerdings euer persönliches Nutzungsverhalten.

Jetzt fragt sich bestimmt jeder: Okay, warum sollte ich so viele tausend Euro mehr für eine PV-Anlage ausgeben, wenn ich das doch günstiger beim Nord-Süd Dach bekommen kann?

Eine absolut berechtigte Frage, die nur ihr für euch beantworten könnt. Es ist so, dass neben dem Ertrag der Anlage und dem Preis, auch die Architektur des Hauses und die Orientierung auf dem Grundstück eine Rolle spielt. Das bringt uns zum nächsten Kriterium.

Kosten für einen geänderten Grundriss und Erdarbeiten

Unser Grundstück hat ein nach hinten (also von Osten nach Westen) abfallendes Gelände. Wenn wir auf dieses Gelände mal schematisch ein Dach in Nord-Süd bzw. Ost-West Richtung einzeichnen, sieht das so aus:

Durch ein Nord-Süd Dach ragt das Haus wesentlich weiter in das Grundstück hinein, wodurch die leichte Hanglage stärker zum Tragen kommt. Wir haben uns für beide Varianten einen Grundriss erstellen lassen. Da die Orientierung der Zimmer grob vorgegeben ist (dazu wird es noch einen anderen Beitrag geben) war das Haus mit dem Nord-Süd Dach statisch anspruchsvoller. Die Folgen: Die Kosten für eine andere Hausstatik steigen. Ebenso fallen für diese Variante auch mehr Erdarbeiten an und die effektiv nutzbare Gartenfläche wird kleiner. Wir hatten das mal ganz grob überschlagen und sind bei einem Mehrpreis für die Nord-Süd Variante von über 40.000€ gelandet. Uff, ziemlich happig. Dafür kann man ziemlich viele PV-Module aufs Dach bringen. Vor allem kann man bei einem Ost-West Dach beide Seiten wirtschaftlich sinnvoll nutzen.

Fazit

Für uns ist die Entscheidung auf ein Ost-West Dach gefallen. Insbesondere die höheren Kosten für den geänderten Grundriss und die Erdarbeiten waren ausschlaggebend.

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